Am 14.12.2024 besuchten wir die Demonstration „Menschenrechte kennen keine Feiertage – Für Würde und Gerechtigkeit auch bei der Ausländerbehörde“ in Salzwedel. Dort hielten wir – von der Kampagne „Fight Deportation Jail LSA“ einen Redebeitrag über Abschiebehaft und das geplante Abschiebegefängnis in Volkstedt.
[Content Note: Thematisierung von Gewalt in Abschiebehaft, Rassismus]
Wir sprechen als Gruppe, die sich gegen den Abschiebeknast organisiert, der in Sachsen- Anhalt gebaut wird. Im letzten Jahr konnten wir sehr klar sehen, wie rechtsextreme und menschenverachtende Positionen erstarken: Geheime Deportationspläne, AfD Wahlsiege und Nazis, die ihre Gesinnung wieder offen nach Außen tragen und politische Gegner*innen angreifen.
Diese Positionen werden deutlich in den aktuellen Asylrechtsverschärfungen sichtbar. Noch nie gab es so viele so schlimme Verschärfungen der Rechte von people on the move wie aktuell. Rassismen werden immer offensichtlicher ins Gesetz geschrieben. Menschen wird seit Jahren eine Bleibeperspektive erschwert.
Rassismen wie „Wirtschaftsflucht“ und „sichere Herkunftsländer“ werden verrechtlicht. Das heißt: Fluchtgründe werden pauschal als nicht legitim abgestempelt. Aus krasser Armut zu fliehen, wird als Wirtschaftsflucht stigmatisiert.
Während Klagefristen gegen Abschiebungen verkürzt werden, fehlt es an der Unterstützung, die es bräuchte, um mit dem bürokratischem Aufwand klar zu kommen. Menschen sind de facto schutzlos der Gefahr von Abschiebungen ausgeliefert, weil es unmöglich gemacht wird all den Papierkram fristgerecht zu bearbeiten.
Außerdem gibt es kaum mehr Rechtsschutz, um Abschiebungen vor Gericht anzufechten.
Erst dieses Jahr wurden weitere Möglichkeiten zur Ausweisung von Menschen geschaffen; Es wird immer einfacher den Menschen ihren Aufenthaltstitel wegzunehmen. Selbst Menschen, die ihr ganzes Leben hier verbracht haben, sind Stück für Stück von Verschärfungen betroffen.
Als wäre das nicht genug: Kürzlich wurden die Voraussetzungen für Abschiebehaft drastisch ausgeweitet. Es wird immer leichter Menschen zu verknasten. Die Bedingungen in Abschiebehaft sind dabei ähnlich wie in Strafhaft, nur dass es kein Gerichtsurteil dafür braucht. Das ist besonders erschreckend, weil nach Schätzungen der größte Anteil von Abschiebehaftanordnungen rechtswidrig ist (Quelle: Schmidt-Ränsch, NVwZ 2014, S. 110).
All diese Verschärfungen führen zu berechtigter Angst. Es gibt unzählige Beispiele von gewaltvollen Festnahmen, die unter Abschiebehaft laufen.
Abschiebehaft bedeutet konkret, dass Betroffene unangekündigt und gewaltsam von der Polizei abgeholt werden. Morgens- oder um es eher zu beschreiben- in der Nacht kommen bewaffnete Cops in dein Zuhause und reißen dich aus dem Leben. Menschen können sich nicht von ihrer Famile und Freund*innen verabschieden. In den meisten Fällen können Menschen in so einer Situation nicht einmal das wichtigste Hab und Gut zusammen packen. Es gibt unzählige Erfahrungen, bei denen medizinische Notfälle von Beamt*innen ignoriert werden.
Bis zu mehreren Wochen werden Menschen dann in Abschiebehaftanstalten eingesperrt. Der Alltag in diesen Einrichtungen ist ähnlich wie im Gefängnis. Meistens sogar noch schlimmer. In manchen Abschiebeknästen wird den Menschen jeglicher Kontakt nach Außen verwehrt. Handys werden beispielsweise weggenommen. Das heißt, die Menschen können sich weder bei ihren Liebsten melden, noch rechtlich beraten werden.
Zu der entmenschlichenden Praxis von Abschiebungen und der Gewalt von Polizei und Justiz wird ein konstantes Klima der Angst geschaffen. Denn jedes Klopfen oder Klingeln an der Haustür könnte bedeuten, dass sich das eigene Leben schlagartig ändert.
Laut EU-Recht dürfen Menschen in Abschiebehaft nicht in regulären Gefängnissen eingesperrt werden werden. Trotzdem halten die Bundesländer an dieser menschenverachtenden Praxis fest und bauen immer mehr Abschiebegefängnisse. Diese unterscheiden sich aber kaum von regulären Gefängnissen. In der Praxis sehen die Abläufe und Bedingungen fast gleich aus:Zäune, Zellen, Überwachung und durchgetaktete Tagesabläufe.
Auch das Abschiebegefängnis in Volkstedt wird dabei keine Ausnahme sein. Alleine die Tatsache, dass es direkt neben die bestehende JVA gebaut wird, zeigt uns den Knast-Charakter dieser Einrichtung. Schließlich wurde der Standort vor allem dadurch gewählt, weil die bestehende Gefängnis-Infrastruktur ohne Probleme mitgenutzt werden kann.
Mit dem Bau von diesen Abschiebegefängnissen sollen Abschiebungen systematisch ausgeweitet werden.Dass nun ein Abschiebegefängnis in Sachsen-Anhalt gebaut werden soll, reiht sichin diese Entwicklungen ein.
Bisher war Sachsen-Anhalt auf andere Bundesländer angewiesen, um Menschen in Abschiebehaft zu sperren. Mit dem Abschiebegefängnis in Volkstedt hat das Land eigene Plätze für Abschiebehaft. Wir erwarten, dass es dadurch immer einfacher wird Menschen abzuschieben. Unsere letzte Info von 2023 ist, dass 30 Haftplätze geplant sind. Das klingt erstmal wenig. Aber diese Plätze sollen nur kurz belegt und schnell durchgewechselt werden. Wir befürchten also, dass es nicht nur einfacher wird Menschen abzuschieben, sondern auch, dass es unfassbar viele Menschen betreffen wird. Volkstedt wird dazu beitragen, dass Abschiebungen immer weiter systematisiert werden.
Ob in Sachsen-Anhalt, Deutschland oder der ganzen EU- das Asylsystem wird immer weiter verschärft. Darum müssen wir uns dem Bau in Volkstedt entschlossen entgegenstellen.Es muss aber auch klar sein: Abschiebehaft und Abschiebungen sind generell zu bekämpfen. Es darf keine Abschiebegefängnisse geben – Weder in Volkstedt noch anderswo!
Wir fordern, dass das Grundrecht auf Asyl eingehalten wird!
Wir fordern sichere Fluchtwege!
Wir fordern das Bleiberecht für alle!
Wir fordern ein menschenwürdiges Leben für alle!
Lasst uns füreinander da sein! Lasst uns zusammen mit Wut, Mut und Lust auf ein gutes Leben für alle kämpfen!